Männer, die gerne über ihre Gefühle reden
Ja, es gibt Männer, die das tun. Doch in vielen Köpfen sind noch Sätze verankert wie „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“, „Echte Männer weinen nicht.“, oder „Über Gefühle reden, das ist was für Mädchen.“. Klassische Rollenbilder werden nach wie vor von Generation zu Generation weitergegeben und bestimmen, wie wir denken, fühlen, handeln und damit auch, wie wir für uns selbst sorgen.
Frauen gelten vielen Menschen nach wie vor als das „schwache“ Geschlecht, obwohl sie längst in höchsten beruflichen und politischen Positionen angekommen sind. Obwohl Männer längst auch ihren Nachwuchs im Tragetuch verzückt an die Brust drücken und in der Öffentlichkeit Gefühle zeigen, hält es unglaublich hartnäckig die Meinung, dass wir Männer nicht weinen oder auch mal schwach sein dürfen.
Vor allem wenn es um unsere mentale Gesundheit geht, ist es enorm wichtig, dass wir uns öffnen und über unsere Gefühle und auch unsere Sorgen sprechen. „Nur wer spricht, dem kann geholfen werden.“ sagte einmal eine Therapeutin zu mir. Doch gerade das Rollenklischee vom harten und schweigsamen Mann verhindert, dass Männer sich mit ihren Problemen öffnen und Hilfe erhalten. Noch immer sehen es sehr viele Männer als ein Zeichen von Schwäche an, wenn sie um Hilfe bitten würden. Bei psychischen Krisen und Erkrankungen können solche tiefverwurzelten Überzeugungen geradezu fatal sein.
Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr Menschen durch Suizid, als durch Verkehrsunfällen, Drogen, HIV/Aids und Gewaltdelikte zusammen. 75% davon sind Männer. Der Forschungsverbund „MEN-ACCESS – Suizidprävention für Männer“ (Universitätsklinikum Leipzig, Medical School Berlin, Universität Bielefeld) untersucht, wie Männer präventiv und in Notlagen besser erreicht werden können und Zugang zu Hilfe finden. In der Projektbeschreibung heißt es unter anderem:
„Das Verbundprojekt MEN-ACCESS will genderspezifische Risikofaktoren, Kommunikationsstrategien, Zugangswege und Gatekeeper identifizieren und darauf aufbauend zwei E-Learning-Tools zur Suizidprävention für Männer mit erhöhtem Suizidrisiko und für Gatekeeper entwickeln und evaluieren. Gatekeeper spielen als Brücke für den Zugang von schwer erreichbaren Gruppen in der Prävention eine zentrale Rolle und werden deshalb in diesem Projekt involviert.“ (mit „Gatekeeper“ sind in diesem Zusammenhang den betroffenen Männern nahestehende Personen gemeint, die Einfluss auf sie haben)
Seit 2021 berate ich den Forschungsverbund mit meinen Erfahrungen zum Thema Suizidalität und konnte diese auch in die inhaltliche Gestaltung der Webseite einbringen (www.maenner-staerken.de). Hier finden Betroffene und Interessierte Wissen zum Thema, Anlaufstellen für professionelle Unterstützung und können sich mit gängigen Ängsten und Vorurteilen auseinandersetzen, um in die Selbstfürsorge zu kommen.
Für Angehörige von Betroffenen empfehle ich die Internetseite des MEN-ACCESS Konsortialpartners Medical School Berlin (www.hilfe-fuer-angehoerige.de). Sie haben ein Online-Programm für Angehörige entwickelt, welches gerade mit einer Studie begleitet wird und für das sich Interessierte über die Webseite anmelden können.
Mich für psychische Gesundheit stark zu machen, ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich wünsche mir, dass noch viele Vorurteile und Missverständnisse zum Thema abgebaut werden und in Zukunft viel mehr Menschen schneller passende Hilfe finden.
In diesem Sinne: Reden Sie miteinander!
Links:
https://www.maenner-staerken.de
https://hilfe-fuer-angehoerige.de